Problembeschreibung:

Starke Leerlaufschwankungen bei Warm- und Kaltstarts des Motors. Motor geht aus. Auch wenn der Motor auf Betriebstemperatur ist, geht er beim Auskuppeln und Ausrollen im Leerlaufbereich einfach aus. Im etwas höheren Drehzahl- und Geschwindigkeitsbereich kam es vereinzelt zu schlechter Gasannahme bzw. man hatte das Gefühl von Zündaussetzern. Auf der Autobahn lief der Motor weitgehend störungsfrei. Der ADAC konnte mir nicht helfen, da er die in den 90er Jahren verwendeten runden OBD1-Diagnosestecker nicht mehr im Servicefahrzeug hat.

Folgendes Video oben rechts zeigt das Ausmaß des Problems: 

Reparatur:

Nach dem Austausch mehrerer Bauteile, führte der Einbau einer gebrauchten Drosselklappe vom Schrotthändler zum Erfolg. Der elektrische Teil der Drosselklappe, der Leerlaufsteller war kaputt und hauptverantwortlich für die im Video gezeigten Leerlaufschwankungen.

Bei diesem komplexen Fehlerbild sollte man zuerst den Zustand der Zündanlage prüfen und dann das Fahrzeug an ein Diagnosegerät anschließen. 

1. Zündanlage:

Zuerst habe ich Zündkerzen, Zündspulen und Zündleitungen gewechselt. Die NGK- Zündkerzen waren über 40.000 km im Einsatz und hatten schwarze Ablagerungen. Ein Wechsel der Zündkerzen war überfällig. Außerdem hatte ich noch den Kraftstoffdrucksensor an der Kraftstoffverteilerleitung ersetzt, da ich die Ursache für die Aussetzer bei der Gasannahme durch mangelnden Kraftstoffdruck ausschließen wollte.

Die Zündspulen und die Zündkabel waren insgesamt 180.000 km im Einsatz. Diese habe ich auch ausgetauscht, obwohl diese Bauteile nach Einbau das oben beschreibene Problem nicht gelöst haben.

2. Einbau eines neuen Temperaturfühlers für die Ansaugluft und eines neuen Siebs

Der Temperaturfühler sitzt im schwarzen Ansaugrohr und war äußerlich beschädigt. Der Sensor misst die Temperatur der angesaugten Luft. Das Steuergerät kann dann mit weiteren Sensorsignalen das optimale Luft-Kraftstoffgemisch berechnen.

Der dünne Plastikkäfig, der die Sonde schützen soll, war gebrochen und der obere Teil weggerissen. Dieser obere Teil des Plastikkäfigs befand sich unter der Drosselklappe. Unter der Drosselklappe befindet sich ein Sieb, was im Mercedes Orginalteile Shop Dämpfer genannt wird und in meinem Fall eingerissen war. Diesen Dämpfer habe ich bei Mercedes bestellt und einen neuen Temperaturfühler febi 37142 eingebaut.

Der Austausch dieser Teile ergab keine Verbesserung und hat die Leerlaufprobleme nicht gelöst.

3. Kauf einer gebrauchten Drosselklappe

Am Gestänge der Drosselklappe hatte man gesehen wie das Steuergerät immer wieder versuchte die Leerlaufdrehzahl zu halten. Als erstes habe ich die Drosselklappe gereinigt und nach Einbau die Drosselklappe wieder angelernt. Ich bin wie folgt vorgegangen:

  • Batterie abklemmen
  • Ansaugrohr, Schlauch, elektrischen Stecker entfernt und vier Schrauben an der Drosselklappe gelöst
  • Drosselklappe ausbauen und mit Drosselklappenreiniger säubern
  • Drosselklappe einbauen und anlernen:
    • Zündung Stufe 2 für 2 Minuten an. Motor wird nicht gestartet
    • Gaspedal langsam bis Vollgas durchtreten.
    • Gaspedal entlasten, Zündung auf Stufe 1
    • Zündung wieder auf Stufe 2
    • Zündung ausschalten
    • Motor starten

Zum Anlernvorgang folgendes: Mehrere Anlernprozeduren für Mercedes gibt es im Netz. Ich habe oben beschriebenen Anlernvorgang nach erfolgreicher Reparatur benutzt und diese Schritte scheinen für den W210 Bj 1996 E200 Motorcode M111.942 zu funktionieren. Ich hatte aber auch den Eindruck, daß nach der erfolgreichen Reparatur und ein paar Probefahrten mit dem Kraftfahrzeug das Steuergerät den Leerlauf selbstständig einstellt und verbessert.

Die Drosselklappe war äußerlich nicht stark verdreckt, dennoch brachte das Säubern eine spürbare Verbesserung. Die Gasannahme im Stadtverkehr war zunächst deutlich besser, Unterbrechnungen der Gasannahme traten seltener auf.

Die starken Leerlaufschwankungen waren aber immer noch da. Auch kam es gelegentlich noch zu einem Ruckeln bei der Gasannahme oder wenn man während der Fahrt Gas wegnahm.

Ich kaufte mir zunächst eine gebrauchte Drosselklappe mit der Nummer 0001419725, die augenscheinlich zunächst für mein W210 E200 M111 Bj 1996 passte. Bei Start des Motors war der Leerlauf zunächst ruhig. Der Motor ging aber bei erhöhter Drehzahl aus. Nachdem ich die schwarze Kappe des elektronischen Stellmotors (gebrauchtes Ersatzteil) abgemacht hatte und die Elektonik mit dem eingebauten Orginal verglich, stellte ich bautechnische Unterschiede fest. Die Elektronik und mechanische Komponenten sahen bei meiner Orginal Ersatzteilnummer 000 141 95 25 anders aus. Ich hatte eine nicht kompatible Drosselklappe für einen W210 späterer Baujahre gekauft.

Bei einem Schrotthändler habe ich dann das passende Ersatzteil für den W210 E200 Baujahr 1996 mit der Nummer 0001419725 bekommen. Der Einbau dieser gebrauchten Drosselklappe ergab zunächst keine Verbesserung des Leerlaufs, so dass ich das urspüngliche Orginalteil wieder einbaute. Ich ging nach dem Test fälschlicherweise davon aus, daß die ursprünglich eingebaute Drosselklappe voll funktionsfähig ist.

Beide Drosselklappen werden im Lastbereich durch die den mit dem Gaspedal verbundenen Seilzug gesteuert. Erst im Leerlaufbereich setzt die angeflanschte Elektronik ein und regelt über das Steuergerät einen optimalen Leerlauf. Voll elektronische Drosselklappen wurde erst in späteren Baujahren verbaut. 

4. Fehlerauslesen in einer freien Werkstatt mit Diagnosegerät Bosch

Auf den runden Diagnosestecker im fahrerseitigen Sicherungskasten wird ein Adapter mit 36 Anschlüssen gesteckt. Mit Bananenstecker wird das Bosch Analysegerät und dieses mit einem Laptop verbunden.

Ich habe das Fahrzeug 2x auslesen lassen:

  • Erste Analyse: Zündwinkel erhebliche Abweichungen vom Soll. Zur Reparatur hat die freie Werkstatt einen neuen Kurbelwellensensor eingebaut. Der lange Kurbelwellensensor lies sich schwer herausziehen, weil der Einsteckkanal zum Schwungrad angerostet war.
    • Ergebnis: Der Motor lief im Leerlauf immer noch schlecht
  • Zweite Analyse: Der Zündwinkel war laut Aussagen des Mechanikers jetzt im Soll-Bereich, aber wir erhielten Fehlercodes zum Luftmassenmesser und dem bereits erneuerten Temperaturfühler im Ansaugschlauch. Das Analysegerät gab Werte im Minusbereich für die angesaugte Luft aus. Außerdem soll der Luftmassenmesser Werte außerhalb des meßbaren Bereichs erfaßt haben.
    • Ergebnis: Der Mechaniker konnte mit diesem Ergebis nichts anfangen und vermutete jetzt Falschluft im Ansaugtrakt als Ursache. Er kippte eine Gieskanne Wasser über den Ansaugtrakt und meinte, er habe eine Verschlechterung des Leerlaufs festgestellt. Er schlug vor die Ansaugbrücke zu entfernen und die Dichtungen zu erneuern. Der Leerlauf war immer noch schlecht und der Motor ging bei Stop and Go und roten Ampeln weiterhin sporadisch aus.

Mit diesem Ergebnis bin ich 250 km ohne Störung auf der Autobahn gefahren.   

5. Prüfen der Sensoren auf Durchleitung und Spannung

An dem rechten Stecker werden die Signale des Kurbelwellensensors, des Ansaugtemperaturfühlers und des Luftmassenmessers an das Motorsteuergerät weitergegeben. Hier habe ich eine Durchleitungs- und Spannungsprüfungen vorgenommen. Es ergaben sich keine Auffälligkeiten. 

6. Wechsel des Kühlmitteltemperatursensors

Während der Fahrzeuganalyse in der Werkstatt und laufendem Motor ist mir aufgefallen, daß die beiden Ventilatoren trotz heißen Motors vor dem Kühler nicht ansprangen. Die Temperaturanzeige für das Kühlmittel am Kombiinstrument zeigte bei laufenden und warmen Motor immer um die 80 Grad an. Vermutlich ging das Steuergerät immer davon aus, daß der Motor die ideale Betriebstemperatur hat, obwohl das Kühlmittel am Motorblock schon wesentlich heißer war und die Ventilatoren eigentlich hätten anspringen müssen.

Mit dem Wechsel des Kühlmitteltemperatursensors veränderte sich am Kombiinstrument auch wieder die Kühltemperaturanzeige im Bereich von 80 bis 90 Grad. Bei 90 Grad sprangen die Ventilatoren vorne am Kühler auch wieder an und stoppten bei ca. 80 Grad.

7. Fazit

Für einen kaputten Luftmassenmesser lief der Wagen auf der Autobahn zu gut. Dennoch verbesserte ein Abziehen des runden  elektrischen Anschlusses am Luftmassenmesser die Fahrt im Teillastbereich (Stadtverkehr). Das Leerlaufproblem aber blieb. Der Temperaturfühler im Ansaugtrakt wurde vorher schon erneuert. Eine Spannung lag an. Auch Spannung am Luftmassenmesser zwischen den Klemmen 2 und 4 und zwischen Klemmen 2 und 5 lag an. Die Durchleitungen aller Kabel vom Kurbelwellensensor, Luftmassenmessers und dem Ansaugtemperatursensors zum rechten Sammelstecker am Steuergerät (Sensorensignale) habe ich geprüft (Fehlerquelle könnte sein: korrodierte oder gebrochene Kabel).

Undichte Stellen im Ansaugtrakt habe ich versucht mit einer Nebelmaschine zu entdecken. Ich hatte das Problem, daß der heiße Nebel einer Disco Nebelmaschine an den kalten Flächen im Ansaugtrakt sofort kondensierte. Eine Sichtprüfung z.B. der Kurbelgehäuseentlüftungsschläuche mit einem Endoskop unter der Ansaugbrücke ergab keine Auffälligkeiten

Zum Schluß hatte ich nochmals die gebrauchte Drosselklappe vom Schrotthändler eingebaut. Gleichzeitig habe ich den Kühlmitteltemperatursensor ausgetauscht. Das führte zum Erfolg. Der Motor geht jetzt nicht mehr im Leerlauf aus.

Der Leerlaufsteller der ursprünglich eingebauten Drosselklappe scheint wohl für das im Video gezeigte Fehlerbild verantwortlich gewesen zu sein. Mit dem neuen Kurbelwellensensor und dem erneuten Anlernen der Ersatz-Drosselklappe vom Schrotthändler war die Reparatur erfolgreich.

Der Motor bleibt beim Auskuppeln und Bremsen auch im unteren Drehzahlbereich an.